Antonio de Torres

Antonio de Torres war einer der wichtigsten spanischen Gitarrenbauer des 19. Jahrhunderts. Durch die Kombination von Erkenntnissen verschiedener anderer Meister seiner Kunst, welche er noch durch eigene Erneuerungen erweiterte, leitete er für die Gitarre eine neue Ära ein. Er setzte neue Maßstäbe im Hinblick auf Klangintensität. Auch seine Ästhetik prägt den Bau von Konzert- und Flamencogitarren bis in die heutige Zeit.

Er wurde 1817 in La Cañada de San Urbano geboren, einer kleinen Landgemeinde die heute zu Almería gehört. Über seine Kindheit ist nichts Näheres bekannt. 1833 wurde er in die Armee einberufen, jedoch schon kurz darauf, wie aus Briefen seines Vaters hervorgeht, wegen chronischer Bauchschmerzen wieder befreit. Er lernte das Tischlerhandwerk. In Vera heiratete er 1835 die 13 Jahre alte Juana María López. Aus dieser Ehe gingen zwei Töchter hervor, von denen die zweite kurz nach der Geburt verstarb. De Torres verfügte über sehr wenig Geld und verschuldete sich um seine Familie zu ernähren. Zwischen 1836 und 1842 baute er, während eines Aufenthaltes in Granada, seine erste Gitarre. Der genaue Zeitraum ist unbekannt, da diese Gitarre kein Etikett aufwies. Das Instrument ist verschollen. Im Jahre 1845 verstarb auch seine Frau. Er ließ seine einzige noch lebende Tochter bei den Schwiegereltern und zog nach Sevilla, wo er, zunächst nur gelegentlich, weitere Gitarren baute. Nachdem verschiedene Konzertkünstler, darunter Julián Arcas, seine Instrumente gespielt hatten und deren Qualität sehr lobten, beschloss er nun ausschließlich Gitarren zu bauen. 1856 bezog er seine erste eigene Werkstatt. Dort schuf er Gitarren für den einfachen Verkauf, jedoch auch ein bestimmtes Instrument, welches er mit besonderer Sorgfalt baute, mit Boden und Zargen aus Zypressenholz, dem Hals aus Zeder, einem Ebenholzgriffbrett, einer neuen Art von Stimmmechaniken sowie einer Decke aus ausgeblutetem europäischen Fichtenholz, einfachen Einlagen, einer sehr breiten Rosette und einem Tornavoz. Dies war ein im Innern der Gitarre unter dem Schallloch angebrachter Metalltrichter. Er bündelte die Schallwellen im Korpus und strahlte auf diese Weise einen lauteren Ton ab. Von dieser Konstruktion kam de Torres später wieder ab. Er gab dieser Gitarre selbst ihren Namen. Er nannte sie La Leona. Sie ist wegen ihres Klanges legendär und wird auch heute noch gespielt. In den Jahren 1856 bis 1864 baute de Torres vier uns bekannte besonders meisterhafte Gitarren: Nach La Leona schuf er 1858 eine Gitarre, die bei einer Ausstellung in Sevilla die Bronzemedaille gewann, 1859 ein Instrument für Miguel Llobet, der dieses während seines gesamten Lebens spielte und 1864 schließlich auch für Francisco Tárrega. Da Spanien sich zu dieser Zeit in einer wirtschaftlichen Depression befand und die bekannten Gitarristen weitestgehend vom Desinteresse des Publikums geplagt waren, zog Antonio de Torres, nachdem er fast 25 Jahre in Sevilla gelebt und dort auch seine zweite Frau geheiratet hatte, gemeinsam mit deren beiden Töchtern zurück nach Almería. Dort führte er zunächst einen Haushaltswarenladen. Während sein Geschäft gut lief, bildete er einen jungen Gitarrenbauer aus. 1875 baute de Torres die erste Gitarre seiner zweiten Gitarrenbauperiode. Als seine Frau 1883 starb, hatte er für die beiden Töchter zu sorgen und widmete sich daher wieder ganz dem Gitarrenbau. Denn inzwischen war eine neue Gitarristengeneration herangewachsen, die großes Interesse an seinen Instrumenten hatte. Nach neun weiteren Jahren, in denen er die Entwicklung der Gitarre noch weiter vorantreiben konnte, starb de Torres 1892 in Almería.

Antonio de Torres hat umfangreich mit verschiedenen Maßen experimentiert, bis er schließlich die heute noch fast genau so verwendeten Maße als Standard für den Bau seiner Instrumente einführte. Dadurch klingen sie lauter und klarer. Der größere Korpus verleiht naturgemäß auch den Bässen mehr Klangfülle, als es das Publikum bis zum damaligen Zeitpunkt gewohnt war. De Torres hat eine ganze Schule spanischer Gitarrenbauer, darunter Vicente Arias, Manuel Ramírez, Santos Hernández, Domingo Esteso oder Marcelo Barbero begründet. So wiesen die Entdeckungen von Antonio de Torres den Weg zur heutigen Gitarrenbaukunst in ganz entscheidender Weise.

Texte und Inhalte © Sebastian Christoph Jacob. Kontakt Impressum