Richard Jacob

Richard Jacob war ein herausragender Gitarrenbauer des 20. Jahrhunderts. Auf seinem Weg führt er eine Vielzahl von handwerklichen Traditionen in Verbindung mit seinem außergewöhnlichen Sinn für künstlerisch-gestalterisch Kreativität zu einem individuellen Stil.

Er wurde 1877 als zweitältestes von acht Kindern in Markneukirchen geboren. Schon sein Vater Carl August, geboren im Jahre 1846, gestorben 1918, war Gitarrenbauer. Zunächst erlernte Richard Jacob jedoch das Handwerk des Zithermachers. Seit 1897 arbeitete er in Straßburg als Gehilfe in der Werkstatt des Orgelbauers Friedrich Wilhelm Voigt. 1905 kehrte Richard Jacob in seine Heimat zurück und begann in der Werkstatt seines Vaters als selbständiger Gitarrenbauer eigene Instrumente zu fertigen. Sechs Jahre später, nach der Heirat mit Maria Magdalena Wächter, richtete er ein eigenes Atelier in seiner Wohnung ein. Für seine Arbeit zog er Instrumente aus der Biedermeierzeit als Vorbilder heran und experimentierte mit neuen Korpusformen, neuen Hölzern, anderen Saitenvarianten und Lacken um neuen gesanglichen Klangidealen gerecht zu werden sowie die Spielbarkeit der Instrumente zu verbessern. Er schöpfte dabei aus der Vielfalt seiner in der Tradition seiner Familie begründeten handwerklichen Einflüsse die er in Verbindung mit seinen Erfahrungen aus dem Orgelbau zu eigenen kreativen Konzepten formte.
Während die meisten Instrumentenmacher für Verleger arbeiteten, die ihnen einen Großteil der Instrumente abnahmen und sie dann weiterverkauften, änderte Richard Jacob 1921 die Art seines Vertriebes. Er beschloss, seine Instrumente direkt an die Kunden zu verkaufen. Dazu ließ er sich den Namen Weißgerber als Marke schützen. Diesen wählte er, um sich von anderen Instrumentenmachern mit dem in der Region häufigen Namen Jacob abzugrenzen. Einige seiner Vorfahren hatten über mehrere Generationen als Weißgerber gearbeitet. Dies war die Bezeichnung von Gerbern, die Tierhäute mit Mineralssalzen zu feinem, hellen Leder verarbeiteten. Ab 1921 trugen alle Gitarren von Richard Jacob einen Brandstempel mit dem Schriftzug "Weißgerber".
Seit dieser Zeit widmete sich Richard Jacob auch dem Bau von Gitarren nach spanischem Vorbild. Diese Entwicklung ging vermutlich aus Eindrücken der Besuche spanischer Gitarristen wie Miguel Llobet und Andrés Segovia Anfang der 20er Jahre in Markneukirchen hervor. Jacob baute seine Gitarren immer ausschließlicher individuell für bestimmte, sehr unterschiedliche Gitarristen. Mit den Jahren entstanden weniger, aber immer hochwertigere Instrumente. Seine Gitarren wurden im Laufe seines Lebens immer klangreicher und visuell-ästhetisch ausdrucksstärker. 1960 starb Richard Jacob. Die wertvollsten Instrumente schuf er in den letzten Jahren seines Lebens.

Ausgehend von der Gitarrenbautradition in seiner Heimat im sächsischen Vogtland, angeregt durch sein großes Interesse an der internationalen Entwicklung der Gitarre, bereichert durch sein Wissen über die Kunst des Instrumentenbaus in ganz Europa, ausgestattet mit außergewöhnlich präzisem Handwerk, gesegnet mit ästhetischem Scharfblick und geistiger Flexibilität erreicht Richard Jacob eine Individualität die gerade in ihrer Vielfältigkeit seinen unverkennbar einheitlichen persönlichen Charakter beschreibt. Das zeichnet ihn nicht nur als außerordentlichen Gitarrenbauer aus, sondern auch als reifen Künstler.

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